Dienstag, 27. September 2011

Und nun hat sie es erzählt, was keiner wissen sollte.

Es gibt Bücher, da möchte man am liebsten den Atem anhalten. Man möchte die Seiten langsamer umblättern, das Buch gar weglegen, innehalten, Bilder wirken lassen und behalten. Und doch gelingt das kaum, weil man einfach nicht aufhören kann, über die Wörter zu fliegen. Weil man das nächste Bild gleich wieder einfangen möchte. So erging es mir mit Daniela Krien "Irgendwann werden wir uns alles erzählen". Ein Dank gebührt einer lieben Kollegin, die mir dieses Buch empfohlen hat - denn diese Geschichte wird so schnell meinen Kopf nicht verlassen.

Daniela Krien berichtet von dem Leben auf dem Land im Osten Deutschlands zu Zeiten der Wende. Und wie sie das tut! Akribisch beschreibt sie die Höfe wie die Menschen. Skizziert messerscharf deren Tätigkeiten und führt uns ein in das anstrengende Bauernleben. Zwischen Hof- und Küchenarbeit findet man merkwürdig fehl am Platz die sechzehnjährige Maria. Freundin des Sohnes Johannes. Ein kluges Mädchen, aber für den Hof doch nicht zu gebrauchen! Aber sie weiß sich anzupassen, lernt zuzupacken, lernt zu Kochen und zu Backen wie die Großmutter. Vielleicht passt sie sich zu sehr an. Denn der alte Henner, Herr des Hofes gegenüber, weckt Gefühle in ihr, die sie aufwühlen.

Was für ein Buch! Und wie sie es schreibt, die Frau Krien. So bemerkenswert kühl und distanziert, so nah dran an jedem einzelnen. Fast schon journalistisch pirscht sie sich an das eigentliche Sujet in diesem Bericht heran - an eine unfassbare Liebesgeschichte zwischen einer klugen Sechzehnjährigen und einem einsamen vierzigjährigen Bauern. Selbst sonst anstößige Szenen werden hier zu rauen Liebesbekundungen, versteckte Heimlichkeiten zu einem Lobgesang auf die Liebe.

Bitte, dieses Buch muss gelesen werden!

Belesene Grüße
Luisa