Samstag, 23. Juli 2011

Gewöhnliche Menschen in ungewöhnlichen Situationen

Liebe Bücherfreunde,

getrieben von der Faszination des Grauens könnte ich mich momentan auf jeden Thriller, jede Horrorstory stürzen. Vor dem Fenster der nasskalte, windige Sommer, innen drin Grusel und Entsetzen. Ja, es hat mich mal wieder gepackt. Spannungsliteratur ist und bleibt eben mein Favorit. Und Stephen King ist für viele so etwas wie DER Schriftsteller auf diesem Gebiet - und ich muss gestehen, trotz dessen nicht alle Romane die gleiche Unterhaltungsqualität haben, lese ich ihn auch sehr gerne.



"Zwischen Nacht und Dunkel" hat mich ungeahnt seit der ersten Seite gepackt. Mit vier Novellen dürfte King seine Fans zum Erscheinen des Buches vielleicht etwas enttäuscht haben, aber viele Rezensionen im Internet zeigen - die treue Fangemeinde liest trotzdem - und es lohnt sich. Auch für mich. Vier Novellen, vier Auszüge aus Lebensgeschichten ganz gewöhnlicher Charaktere. Und für mich sind alle vier sehr stark geschrieben, nur die erste sticht nochmal mehr durch Tiefe und Tragik hervor.




Die Story "1922" beschreibt ein Jahr im Leben eines weniger wohlhabendenden Farmers irgendwo im Süden Amerikas. Und wohin es führen kann, wenn Egoismus falsche Entscheidungungen zulässt. Wie eine grausame Idee plötzlich Gestalt annimmt und am Ende nicht nur ein Leben, sondern ganze Familien zerstört. "Big Driver" dürfte allen weiblichen Lesern ziemlich zusetzen - das Thema Vergewaltigung wird hier so nahbar behandelt, man fürchtet sich nach dem Lesen in den eigenen vier Wänden. Die Story dreht sich jedoch, als das Opfer zum Täter wird und weit mehr entdeckt, als zu erahnen war.
"Faire Verlängerung" ist ein, im wahrsten Sinne des Wortes, diabolisches Zwischenstück, welches sich wieder auf "egoistische" Entscheidungen und deren Konsequenzen bezieht. Es ist die alte Geschichte eines Tauschgeschäftes im Sinne von "Was würde es Ihnen kosten, wenn ich Ihren Krebs vorübergehend heilen könnte?". Wenig überraschend kommt diese Story daher, aber die stimmig ausgearbeiteten Charaktere und die feinen Details unterhalten trotzdem.
Einen gelungenen Abschluss stellt "Eine gute Ehe" dar - eine allzu gute Ehefrau entdeckt nach vielen gemeinsamen Ehejahren, dass ihr Mann ein Serienmörder ist. Leider weiß er auch ziemlich schnell, was sie herausgefunden hat. Und so vermutet der Leser hinter jedem Satz eine Falle.



Alle Leser, die weniger übernatürliche, eher ungewöhnliche Horrorgeschichten suchen, liegen mit diesem King. Mich heizt es an, mit gruseliger Lektüre fortzufahren.

Eure Luisa

Samstag, 16. Juli 2011

Wer Schneemänner baut...

Liebe Leseratten,

im Moment lese ich gerade sehr langsam, hoffe aber, dass ich durch meinen neu erworbenen Stephen King wieder etwas Zug in mein leseverhalten bekomme. ;-) Doch lag es keinesfalls am Buch, dass ich soooo lange dafür gebraucht habe. Zwischendurch habe ich eine fantastische Neuerscheinung "vor-gelesen", die ich aber erst bei Erscheinen im September vorstellen kann.



Doch nun zum Kern dieses Posts: Jo Nesbos "Schneemann". Puh, und da muss ich auch erstmal Luft holen - denn das Ende hat plötzlich sehr viel Tempo und extrem spannungsgeladene Szenen. Aber fangen wir vorne an: im Norden wird gern gemordet - das wissen wir seit Mankells "Wallander". Nesbo entführt uns ins kühle Norwegen, wir begleiten den Kommissar Harry Hole, in diesem Buch sein bereits siebter Fall. Und was geht da eigentlich vor sich? Frauen verschwinden, werden bestialisch zugerichtet wiedergefunden und jemand hat tatsächlich die Nerven das ganze mit Schneemännern zu verbinden.
Als ich das das erste Mal hörte fand ich es etwas - nun ja, ich konnte es nicht einordnen. Ein Thriller über Schneemänner?! Irgendwie lächerlich, oder? Aber wer sich an diesen Thriller traut, hat mit Sicherheit ab der ersten Seite nichts zu lachen.


Die Fälle sind herrlich verquickt und verstricken sich immer mehr. Selbst für geübte Thriller-Leser lässt sich hier nicht erahnen, wer hinter all den Gräueltaten steckt. Raffiniert werden die Charaktere beschrieben, wobei ich da gerade Herrn Hole noch am unspannendsten fand. Dieses klassisch Verschrobene erinnerte mich doch zu sehr an andere "Ermittlerhelden" - versoffen, verwahrlost, irgendwie total verkorkst aber doch charmant und unglaublich clever. Das trübt die spannende Mörderjagd aber kaum, denn hier wird die Handlung so rasant vorrangetrieben und neue Puzzleteile eingestrickt, dass man kaum aufhören kann, die Seiten zu blättern. Vor allem bleibt mir Katrine im Gedächtnis, die für mich ganz gelungen beschrieben wird. Und auch des Täters Motive sind doch am Ende erschreckend plausibel dargelegt. Und trotz dessem, dass hier bereits ein siebter Teil einer Serie vorliegt - ich habe die Vorgänger nicht gelesen und habe nichts vermisst. :)

Wer im verregneten deutschen Sommer auf Balkonien noch trübere Unterhaltung sucht, ist hier genau richtig. Doch am Strand unter sengend heißer Sonne macht dieses Buch Eiszapfen und bereitet den ein oder anderen Schauer!

Eure Luisa