Dienstag, 31. Mai 2011

Bekenntnisse: Das erste Mal und dann immer wieder!

Liebste Leseratten,

der Titel dieses Posts scheint verheißungsvoll - heute möchte ich berichten, wie die Frauenliteratur in mein Leben trat und wir uns etwas angefreundet haben. (denn unter Buchhändlern wird bei diesem Genre oft gern die Nase gerümpft) Durch meinen Amerika-Aufenthalt zu Beginn dieses Jahres lese ich rosa Bücher, im Fachjargon Frauenliteratur genannt. Hier dreht sich alles um "Sie", sehr oft um Liebe, Mode und was das weibliche Geschlecht sonst noch beschäftigt und fasziniert.



Wer mich kennt, weiß, dass ich ungern Fliege - somit stand ich im Januar am Flughafen Houston und überlegte fieberhaft wie ich mich vom bevorstehenden Langstreckenflug am besten ablenken kann. Es gab den ein oder anderen Buchladen, ich schlich von Regal zu Regal. Leider weiß ich nicht mehr, in welchem Geschäft ich war, aber für eine Flughafen-Buchhandlung war dieses überraschend gut ausgestattet: nicht nur die obligatorischen Bestseller in wasserfallartigen Stückzahlen, auch überraschend viele Klassiker und einzelne Schätzchen im Regal. Ich schätze es sehr, wenn ein Geschäft nicht nur Massenware bietet und mich durch eine feine Auswahl ködert. Trotzdem zog es mich zu den Neuheiten. Ich dachte "Schau mal, was hier schon auf dem Markt ist und Dich in Zukunft in Deutschland erwartet." Ich konnte nichts vertragen, was mich grübeln lies. Nichts Blutiges, nichts Tragisches. Ich wollte abgelenkt werden von jeglichem schlechtem Gefühl, von der Angst. Und ich sah einen türkisfarbenen Schmöker mit Cremetöpfchen vorne drauf. Und noch bevor ich mich mit Autor, Titel oder Klappentext beschäftigte spürte ich es in meinen Fingern kribbeln und mein Verstand sagte mir "Wo Cremetöpfchen drauf sind, ist sicher nichts Schwermütiges drin." Ich griff zu, sah den Titel (Irgendwas mit "Hoffnung", ja, gar nicht mal so schlecht), las den Klappentext, drückte es an mich und lies es den ganzen Flug über nicht mehr los.



Beth Harbisons "Hope in a jar" war einfach nur eine süße Geschichte, nicht ganz ohne Schattenseite, aber natürlich mit zuckrigem Happyend. Eine Geschichte, die von starken Frauen handelt, eine klug, die andere schön, beide mehr oder weniger erfolgreich. Von der Liebe und Vergangenheitsgeheimnissen. Und davon, dass Kosmetik Hoffnung birgt - darauf, sich besser und schöner zu fühlen. Ein echter Schmachtfetzen. Der Flug ängstigte mich trotzdem, aber das Buch war bei mir und hat mich gedanklich getragen. Seitdem lese ich "rosa Bücher". Inzwischen sind einige in meinem Bücherregal gelandet und sicher werde ich hier auch das ein oder andere besprechen.

Für ein quietschrosa Happyend,
Eure Maria Luisa

Sonntag, 29. Mai 2011

Audrey Niffenegger: Die Zwillinge von Highgate

Liebe Leseratten,

vor einiger Zeit habe ich von Audrey Niffenegger "Die Frau des Zeitreisenden" gelesen und war zutiefst berührt: vom leichten Schmunzeln bis hin zu der ein oder anderen Träne gerade gegen Ende des Buches. Selbst heute breitet sich Gänsehaut auf meinen Armen aus wenn ich an die Wendungen der Geschichte denke, und verschmähe den Film. Somit wartete ich gespannt auf Niffeneggers Nachfolger: "Die Zwillinge von Highgate". Lange schlich ich ums Hardcover, lies es mir von Kollegen empfehlen. Konnte mich nicht entscheiden. Doch nun habe ich es endlich, als Taschenbuch, gelesen. Und bin etwas zerissen.



Die Story ist großartig: Edie und Elspeth sind Zwillinge und nur sie selbst wissen, warum die eine mit Ehemann und den Zwillingstöchtern Valentina und Julia in Chicago und die anderen mit Lebensgefährten in London leben und kein Wort mehr miteinander wechseln. Elspeth stirbt nach schwerer Krankheit und vermacht ihren beiden Nichten ihr Apartment in London und hinterlässt daneben auch Robert, der mit dem Tod der Geliebten schwerlich klarkommt und ihre geheimen Dokumente verwaltet.
Audrey Niffenegger schreibt stark, ohne Umschweife, aber mit viel Liebe zum Detail. Auch zu Alltagssituationen und Bildern, die einen gefangen nehmen. Auch schräge Charaktere werden liebevoll in Szene gesetzt: im Haus in London werden nicht nur Valentina und Julia Einzug halten, dort lebt eben auch Robert, der sich so eng verbunden zum Friedhof nebenan fühlt, jeden Grashalm dort beschreiben kann. Und dann auch noch der zwangsgestörte Martin, umgeben und gefangen von Schachteln voller geliebter Gegenstände, verlassen von seiner Seelenfreundin Marijke.



Interessant werden diese Persönlichkeiten und ihr Lebenswandel porträtiert. Der Untertitel weist jedoch schon darauf hin - "eine unheimliche Liebesgeschichte". Ja, auch Geister halten ihren Einzug. Elspeth sucht ihre Lieben heim und schmiedet ihre eigenen Pläne. Und nach Dreivierteln des Buches kippt alles: das Familiengeheimnis wird offenbart und alle Ereignisse überschlagen sich. Und dies ist der Punkt mit dem ich als Leser gehadert habe.
Die gemütlich-romantische, interessante Stimmung des ersten Teil des Buches geht sehr abrupt verloren. Es wird ungemütlich. Und das Übersinnliche hält stärker Einzug. Mich hat es aufgewühlt und aus der Stimmung des Buches gerissen. Was ich nicht unbedingt als negativ empfinde - man bleibt fast mit offenen Mund schockiert sitzen. Man grübelt und windet sich mit den Charakteren. Und der Schluss... ja, der Schluss scheint nachvollziehbar.

Ach ja: wer als erster einen Kommentar schreibt, bekommt von mir das gebrauchte Buch geschenkt! :)

Herzlichst,
Maria Luisa